Phantasma, Acryl auf Leinwand
Für ihre neuen Zeichnungen mit Acrylfarbe auf Leinwänden, betrachtet Gabriele Worgitzki Angebote von Baugrundstücken auf Internet-Plattformen (Immobilienscout etc.), besichtigt Häuser vor Ort und sucht nach 3D-Animationen unfertiger Bauprojekte. Sie zeichnet von Browserfenstern ab, direkt bei Ortsterminen oder nach den Besichtigungen der Häuser.
Gabriele Worgitzki geht der Frage nach, welche Gedankenketten die Immobiliensuche in ihr auslösen. Zum einen lockt die Vorstellung, dass ein marodes Haus nach seiner Renovierung in neuem Glanz erstrahlt und brennt der Wunsch, dass darin die Wohn- und Arbeitssituation zukünftig verbessert werden kann. Auf der anderen Seite stehen die Zweifel an der richtigen Entscheidung beim Kauf. Wartet am Ende der Suche ein Idyll oder der Ruin, die Erfüllung eines Traums oder die Ernüchterung? Die perfekte Animation eines Hauses, das Baugrundstück mit Potential stehen den Brandruinen und den Schrottimmobilien im Umland Berlins gegenüber.
Die Phantasie einzulösender Lebensträume, die Komplettierung der bis dato als unvollkommen empfundenen Persönlichkeit, die Hoffnung auf eine gesicherte Zukunft und die Furcht, finanziell und sozial abgehängt zu werden, vernebeln den Blick und lassen Kaufentscheidungen irrational werden. Die Spekulation auf zukünftigen Mehrwert der Immobilien treibt die Erwartungen in die Höhe und reizt die Gier nach Renditen. Dort werden die Suchenden von den Inszenierungen der Immobilienbranche und der angeheizten Stimmung auf dem Markt abgeholt. Sie liefern ihnen meist nicht das Erhoffte, sondern ein Phantasma, das gespeist wird von einem Gemisch aus kultureller, familiärer und nicht zuletzt seelischer Prägung. Was füllt die leeren Baugrundstücke, lässt die Ruinen aufleben und bringt neues Leben in verlassene Räume? Dem Phantasma kann nur das Leiden am Unvollkommenen und Unvorhergesehenen folgen.
Gabriele Worgitzkis Serie Phantasma korrespondiert mit ihren Porträtzeichnungen. Die weißen Flächen und Leerstellen in den Darstellungen von städtischen Passanten bieten Raum für die Gedankenspiele der Bildbetrachter. Die dargestellten Körperhaltungen der Figuren offenbaren von ihrem Innenleben mehr, als den Porträtierten selbst bewusst ist.
Der Blick des äußerlichen Betrachters trifft auf das unbewusste Innere der gesehenen Menschen, ohne selbst unbefangen sein zu können. So begegnet sich der Betrachter in seinem Gegenüber auch immer selbst.